Zur Diskussion gestellt: Marxisten-Leninisten oder Kommunisten?
Im gesamten Weltall und damit natürlich auch auf unserer Erde gibt es nichts, was unverändert bleibt, und all diese Veränderungen erfolgen nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten. Diese Gesetzmäßigkeiten zu untersuchen, sie zu erkennen und für die Menschheit kontrollierbar und nutzbar zu machen, ist die Aufgabe der Wissenschaft. Auch die menschliche Gesellschaft hat sich bisher nicht zufällig, sondern gesetzmäßig entwickelt und so wird es auch in Zukunft sein.Karl Marx und Friedrich Engels waren die ersten, die die gesetzmäßige Entwicklung der menschlichen Gesellschaft wissenschaftlich richtig untersichten. Sie gelten als "Väter des wissenschaftlichen Sozialismusm". Sie bezeichneten ihre Lehre damals selber als "Sozialismus" - Engels hat eine Arbeit veröffentlicht mit dem bezeichnenden Titel: "Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft". Dieser Text, vor allem das dritte Kapitel, ist ein wesentlicher Bestandteil im Schulungsprogramm unserer Partei für neue Genossinnen und Genossen.
Der Begriff "Sozialismus" hat nach dem Tode von Marx und Engels einen Bedeutungswandel erfahren - heute bedeutet er "nur" die Übergangsphase vom Kapitalismus zu Kommunismus und politisch die Herrschaft der Arbeiterklasse, die Diktatur des Proletariats. (Hieraus geht hervor, daß Länder, in denen die Arbeiterklasse nicht die ökonomische und politische Macht hat, zu Unrecht als sozialistisch bezeichnet werden.)
Der wissenschaftliche Sozialismus wird seit einigen Jahrzehnten Marx und Lenin zu Ehren als Marxismus-Leninismus bezeichnet.
Der Marxismus-Leninismus ist eine exakte Wissenschaft wie z.B. die Physik oder die Biologie und steht als solche sozusagen über den Klassen. Es ist die Wissenschaft, die die gesetzmäßige Entwicklung der menschlichen Gesellschaft richtig untersuch und wiedergibt. Da sie diese Gesetzmäßigkeiten als einzige Wissenschaft richtig wiedergibt, wird sie - wie jede andere korrekte Wissenschaft auch - sowohl von der Arbeiterklasse bzw. ihrer Partei als auch von der Ausbeuterklasse angewendet.
Wenn bürgerliche Weltraumforscher einen Satelliten auf die Umlaufbahn des Mars bringen wollen - worauf stützen sie sich bei ihrer Planung? Auf die Ergüsse der Bibel oder auf die Erkenntnisse der Wissenschaft Physik? Das ist natürlich nur eine rethorische Frage, die Antwort kennt jeder.
Die Bourgeoisie will an der Macht bleiben. Das brauchen wir nicht zu beweisen - das beweisen z.B. Hunderte Millionen Menschen, die das mit dem Leben bezahlen mußten. Wir denken, es leuchtet jedem ein, daß die Bourgeoisie, um an der Macht zu bleiben, in ihrem Sinne gut daran tut, die Gesetzmäßigkeiten der menschlichen Gesellschaft zu erkennen und für sich auszunutzen. Die einzige Wissenschaft, die diese Gesetzmäßigkeiten richtig erkennt, ist aber der Marxismus-Leninismus.
Die Arbeiter sollten sich bei ihren Bemühungen, den Kapitalismus zu beseitigen, tunlichst des Marxismus-Leninismus bedienen, sonst werden sie scheitern. Die Bourgeoisie will aber so lange wie möglich an der Macht bleiben und sie bedient sich dazu ebenfalls der einzig richtigen gesellschaftlichen Wissenschaft, des Marxismus-Leninismus - eine andere korrekte Gesellschaftswissenschaft gibt es ja nicht.
Die Kommunisten setzen den Marxismus-Leninismus für die Arbeiterklasse ein, die bürgerlichen Wissenschaftler bzw. die Revisionisten setzen ihn jedoch für die Bourgeoisie bzw. die Ausbeuterklasse ein. Die revolutionären Parteien heißen in zahlreichen Ländern Kommunistische Partei und nicht Marxistisch-Leninistische Partei - das wäre ungefähr so, als würde man von einer "physikalischen Partei" o.ä. reden. Wenn sich eine Partei also "Marxistisch-Leninistische Partei X-Ypsilons" nennt, so sagt der Name allein über sie rein gar nichts aus...
Wir sind allergisch gegen alle Formulierungen, die so verstanden werden könnten, als wollten "Wissenschaftler" die Führung über die Arbeiterklasse übernehmen. Mit solchen Versuchen hat die Arbeiterklasse ihre üblen Erfahrungen gemacht. Dafür gibt es auch im antikolonialen Befreiungskampf leider zahlreiche negative Beispiele; die Führer dieses Kampfes haben in zahlreciehn Ländern den Marxismus-Leninismus dafür mißbraucht, die revolutionären Massen hinter sich zu kriegen - erfolgreich, denn der Marxismus-Leninismus erklärtdie elende Lage der unterdrückten Menschen richtig und verständlich - und haben für sich von den Massen die Macht erkämpfen lassen. Beispiele dafür aus jüngster Zeit sind Äthiopien und Kongo/Zaire, aber natürlich auch Mao und die VR China.
In seinem Buch "Klassenkämpfe in China" schreibt der englische Marxist-Leninist W.B.Bland: "Das Ziel der Marxisten-Leninisten besteht darin, die Arbeiterklasse in jedem Land zu führen..." und etwas weiter "...da das Ziel der Marxisten-Leninisten darin besteht, im revolutionären Prozeß für die Arbeiterklasse die Führung zu übernehmen..." (S. 2 bzw. 3 des uns vorliegenden deutschen Manuskripts in der Übersetzung von GvS, Hervorhebung von uns)
Das liest sich im ersten Augenblick gut und erscheint unbedenklich, doch "Kommunisten soll'n die Massen führen..." - so heißt es in einem unserer Lieder und das klingt schon ganz anders, und die Wissenschaft der Kommunisten ist selbstverständlich der ML. Daß die Massen nicht spontan zum sozialistischen Bewußtsein kommen, ist uns klar, das vertritt unsere Partei von Anfang an. Uns eventuell entgegengehaltene Zitate Lenins und Stalins rennen da also offene Türen ein. Lenin vertrat die Auffassung, jede Köchin müsse lernen, den Staat zu führen. Köchin = Proletarierin, und von Lernen schreibt Lenin auch - er schreibt nicht, jede Köchin müsse jemanden finden, der für sie den Staat führt... Und Brecht schrieb: "Lerne... Du mußt die Führung übernehmen!" An der Stelle, wo wir die Pünktchen gesetzt haben, hat Brecht aufgezählt, wer lernen soll: alles Proletarier.
Wir wissen nicht, ob Bland seine Formulierung "Marxisten-Leninisten..." aufrecht erhalten hätte oder ob er sie - nach einer Diskussion - durch "Kommunisten" ersetzt hätte.
Welche ist die Rolle der kommunistischen Partei? Wir übernehmen hier die Definition Stalins, wonach die Kommunistische Partei die Verbindung des Marxismus-Leninismus mit der Arbeiterklasse ist. Aus dieser Formulierung geht hervor, daß es sich um zwei zunächst getrennte Dinge handelt, die verbunden werden müssen. Die Kommunistische Partei ist gewissermaßen der Knoten, in dem beide verbunden sind.
Daß jemand marxistisch-leninistisches Vokabular im Munde führt, besagt noch gar nichts. Denn das benutzt auch die Bourgeoisie - die Erkenntnisse des ML, um ihre Macht zu verteidigen, und das Vokabular, um die Arbeiterklasse zu verwirren und um zur prinzipienlosen "Einheit" zukommen. Als ein Beleg dafür möge der Artikel über das Ahlener Programm der CDU/CSU in dieser Ausgabe des RS dienen...
Schlimmer noch: Wir bringen unserem Feind selbst die Kenntnisse über unsere geistigen Waffen bei. Jeder, der sich ehrlich für den Sozialismus bzw. Kommunismus einsetzt - gleichgültig, in welcher Organisation - kann das bestätigen: in den Schulungskursen über den Marxismus-Leninismus saßen zahlreiche Gymnasiasten und Studenten - wo sind sie heute? Sie haben sich unsere wissenschaftlichen Waffen angeeignet und sitzen heute in zahlreichen bürgerlichen Parteien und Machtpositionen - gegen uns! Nur wenige haben ihre Klasse verraten und sich für die Sache der Arbeiterklasse entschieden. Wer von den Schülern und Studenten, die heute "dabei" sind, wird das in zehn Jahren noch sein? Die Arbeiterklasse hat völlig zu Recht Mißtrauen gegen von solchen Leuten geführte "kommunistische" Organisationen gehabt und hat es immer noch.
Können wir das verhindern? Sollen wir nur noch Proletarierinnen und Proletarier in unsere Schulungskurse aufnehmen?