Vor 60 Jahren: Am 1. - 3. Februar 1947 in der westfälischen Bergarbeiterstadt Ahlen wurde das "Ahlener-Programm" beschlossen

Das Ahlener-Programm der CDU - das "Ende des Kapitalismus"

Die Gründer der CDU sprachen sich in den "Kölner Leitsätzen" für einen "wahren Sozialismus", für "soziale Gerechtigkeit" aus. Die menschliche Arbeit müsse als "sittliche Leistung, nicht aber als bloße Ware" gewertet werden. Eine "großangelegte Arbeitsbeschaffung" und der "Aufbau der Gewerkschaften" sei zu sichern. Und wörtlich im Punkt 11 der "Leitsätze":
"Die Vorherrschaft des Großkapitals, der privaten Monopole und Konzerne wird gebrochen."

Warum konnte sich die CDU/CSU nach 1945 durchsetzen?

Die herrschenden reaktionären Kreise in den damaligen Westzonen Deutschlands waren durch die Niederlage des Faschismus zwar empfindlich geschwächt, aber nicht überwunden. Die Parteien, die Wegbereiter des Faschismus waren, sie waren diskreditiert und in der Bevölkerung isoliert.
Das Großkapital brauchte aber eine Partei, um die Grundlagen seiner Macht zu retten, die Enteignung der Monopole und des Grundbesitzes zu verhindern.
Eine solche Partei sahen die maßgeblichen großkapitalistischen Kreise vor allem in der CDU. In dieser Partei sammelten sich die Hauptkräfte des Monopolkapitals und insbesondere dessen konservativ-reaktionären, nationalistischen und militaristischen Kräfte. Es fanden sich hier die Vertreter des rechten Flügels des Weimarer Parteiensystems, des Zentrums, der Deutschen Volkspartei, der Deutsch-Nationalen Volkspartei und nicht zuletzt auch Teile der faschistischen NSDAP zusammen.
Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, daß insbesondere, in der CDU, zunächst auch zahlreiche demokratisch und humanistisch orientierte Christen und Antifaschisten mitwirkten. Sie verloren jedoch sehr bald an Einfluß, traten aus der Partei aus oder wurden ausgeschaltet.
Die CDU/CSU war zugleich auch ein wichtiges Instrument der imperialistischen Besatzungsmächte. Ihrem Wesen nach waren CDU undCSU von Beginn an antinationale Parteien, weil sie im Bündnis mit den Westmächten, die ihre Besatzungszonen in ein antisowjetisches Bollwerk verwandelten, die günstigsten Bedingungen sahen, um den Einfluß des deutschen Imperialismus zu erhalten. Mit massiver US-amerikanischen Rückendeckung konnten CDU/CSU ihren Masseneinfluß erweitern und aus der Bundesrepublik einen Staat machen, der bewußt die verhängnisvolle Kontinuitätslinie des alten deutschen Imperialismus fortsetzte.
Die Leiden des Krieges und das ungeheure Nachkriegselend hatten die Empfänglichkeit größerer Teile der Bevölkerung für religiöse Ideen verstärkt. Der geschickte demagogische Mißbrauch religiöser Gefühle und Empfindungen trug wesentlich dazu bei, der CDU/CSU eine Massenbasis zu verschaffen. Sie konnte sich von vornherein auf einen umfangreichen und wirksamen Apparat des politischen Klerikalismus stützen.
Während die sozialistischen und vor allem die kommunistischen Kader - soweit sie nicht von den Faschisten physisch vernichtet waren - aus den Konzentrationslagern, Zuchthäusern und der Emigration einzeln und zu unterschiedlichen Zeiten zurückkamen und in den westlichen Besatzungszonen mit dem Verbot der politischen Betätigung empfangen wurden, war dies bei den Kirchen und ihren Einrichtungen völlig anders.
Im Gebiet der späteren Bundesrepublik gab es rund 8.500 katholische Pfarreien und über 2.000 sonstige Seelsorge-Bezirke. Rund 14.000 katholische Weltgeistliche, rund 1.000 Ordensgeistliche und etwa 4.500 sonstige katholische Geistliche und viele tausend Geistliche aus den rund 9.000 katholischen Klöstern kamen jetzt als Hilfskräfte für die Unterstützung der CDU/CSU zum Einsatz.
Nach dem Mißbrauch solcher Begriffe wie "Arbeiterpartei", "National" und "Sozialismus" mußte jetzt das Wort "christlich" dazu herhalten, um die reaktionären Absichten des Großkapitals unter neuen Bedingungen fortzusetzen. Man fühlt sich an die Überlegungen der Nazis bei der Namensgebung für ihre Partei erinnert...
Die neue Partei des Großkapitals bewies in der Nachkriegszeit ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit. Um ihren Einfluß zu erhalten und ihren Spielraum zu erweitern, versuchte sie sich auch an die Spitze der antikapitalistischen Bewegung zu setzen. Dies aber mit dem Ziel, um ihr die Orientierung zu nehmen.
Hier hat insbesondere das AHLENER PROGRAMM vom 3. Februar 1947 mit der Bezeichnung "Neuordnung der industriellen Wirtschaft" eine große Bedeutung. Eine wesentliche Kernaussage lautet:
"Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund auf erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein."
Und weiter:
"Die Zeit vor 1933 hat zu große Zusammenballungen industrieller Unternehmungen gebracht. Diese bekamen dadurch einen monopolartigen Charakter. Sie wurden für die Öffentlichkeit undurchsichtig und unkontrollierbar. Wenn der Aktienbesitz der großen industriellen Unternehmungen, abgesehen von wenigen Ausnahmen, wie z.B. Krupp, auch stark gestreut war, so wurde doch die Zusammensetzung des Aufsichtsrates und Vorstandes infolge der Vertretung der zahlreichen Aktionäre durch wenige Banken von einem verhältnismäßig kleinen Kreis von Personen bestimmt. Die zu dem engen Kreis der Vertreter der Großbanken und der großen industriellen Unternehmungen gehörigen Personen hatten infolgedessen eine zu große wirtschaftliche und damit zu große politische Macht."
Das Programm sprach sich für die Vergesellschaftung des Bergbaus und der eisenschaffenden Großindustrie aus wie für das Recht der Arbeiter auf Mitbestimmung in den Fragen der wirtschaftlichen Planung und sozialen Gestaltung.
Die wesentlichen Gründe, die zum Ahlener Programm führten, erklären sich aus den politischen Kräfteverhältnis nach 1945 und dem Zwang zur Anpassung an die neue Situation. Es muß aber erwähnt werden, daß die positiven Aussagen des Ahlener  Programms auch der Meinung vieler ehrlicher Parteimitglieder entsprachen.
Meyers, der spätere CDU-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen: "Das Ahlener Programm war ein Programm dazu ausersehen, den Sozialismus zu verhindern."
Die Mitgliederzahl der CDU/CSU erreichte in den Westzonen 1946/47 beträchtliche 400.000. Sie lagen jeweils bei den Wahlen an erster bzw. zweiter Stelle.
Tatsache ist aber, daß nicht nur die SPD, sondern auch CDU/CSU bei diesen Wahlen als antifaschistisch-demokratische Parteien mit antikapitalistischer Ausrichtung vor die Wähler traten.
Es ging der CDU/CSU darum, sich mit allen Mitteln über den Stimmzettel eine starke Position, nach Möglichkeit die Mehrheit in den Vertretungskörperschaften zu sichern und dabei die antifaschistisch-demokratische Front aufzuspalten, Verwirrung zu stiften, demokratische Aktionen zu untergraben, soziale Illusionen zu verbreiten, die Massen zu beruhigen, hinzuhalten und von den Lebensfragen abzulenken.
Das erforderte keine offene und direkte Verteidigung des Monopolkapitalismus, keine offene Frontstellung gegen antifaschistisch-demokratische Zielstellungen.
Zum Schein stellte man sich sogar an die Spitze antifaschistisch-demokratischer Ziele bzw. Bestrebungen, entschärfte und verfälschte diese und jene Forderungen, propagierte untaugliche Mittel und alleinseligmachende Wege, um politische Frontstellungen aufzureißen und einen Zusammenschluß des Volkes zu vereiteln. Man stellte wirkliche oder scheinbare Hindernisse heraus, die einer Verwirklichung von Programmforderungen entgegenstanden und produzierte Schwierigkeiten.
Das "Ahlener Programm" war also nichts als ein Trick der bisherigen Machthaber. Von daher ist es völlig unangebracht, den heutigen Kumpanen der Filbingers, Oetingers usw. dieses "Programm" mit moralisch erhobenem Zeigefinger unter die Nase zu reiben - die haben höchstens eine "klammheimliche Freude" über so viel Naivität.

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