Wes' Brot ich eß, des' Lied ich sing
(16.11.06)

von: KPD (Roter Morgen)
http://www.kpd-online.info

Wie jetzt bekannt wurde, hatte der Hamburger SPD-Bundestagsabgeordnete Kahrs für seinen Wahlkampf Spenden von den Rüstungsfirmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall erhalten. Kahrs gilt als Militärexperte seiner Partei und ist seit Beginn dieser Legislaturperiode im Haushaltsausschuß Berichterstatter der SPD- Fraktion für das "Verteidigungs" ministerium. Er ist darüber hinaus Vorsitzender der Fraktions-Berichterstatter. "Damit fällt ihm eine entscheidende Rolle zu, wenn Bundes-verteidigungsministerium und Parlament um Details bei Rüstungsgeschäften im Auftrag der Bundeswehr feilschen." (FR 28.9.)

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Demzufolge hat Kahrs auch jede Kritik zurückgewiesen. Das war anständig. Wie kann man denn Krauss-Maffei und Rheinmetall beschuldigen, Abgeordnete zu kaufen!

Prominente Vorgänger

Und immerhin könnte Kahrs mit Fug und Recht anführen, daß - sagen wir mal - finanzielle Kontakte zwischen Rüstungsunternehmen und Politikern seit jeher gang und gäbe sind. Denken wir - um mal einen großen Namen zu nennen - beispielsweise an den seligen Franz Josef Strauß (CSU), der oft genug im Zentrum entsprechender Affären stand und der immer heil herauskam. Nehmen wir etwa den HS-30- Skandal: Strauß hatte bei einer Firma einen Schützenpanzer bestellt, die noch nie Schützenpanzer gebaut hatte; er hatte als Vorschuß 205 Millionen Mark bekommen; der Rechnungshof beanstandete Strauß` Verhalten; letzterer belog das Parlament und so fort. Oder die Starfighter-Affäre, die fast 100 Piloten das Leben und den Steuerzahler mehr als 1,5 Milliarden Mark für über 200 abgestürzte Starfighter kostete. Strauß hatte den Starfighter als Atomwaffenträger beschafft, obwohl er nicht als solcher konstruiert war. Offenbar war Bestechung seitens der Firma Lockheed im Spiel; Strauß mußte als Kriegsminister seinen Hut nehmen, nahm dabei aber gleich kiloweise Akten mit, so daß man ihm nichts mehr nachweisen konnte.
Da ist ein Kahrs doch geradezu ein Waisenknabe!

Noch einfacher freilich ist es, wenn Rüstungsunternehmen ihre eigenen Leute an die Schaltstellen des Beschaffungswesens im Kriegsministerium setzen. Nehmen wir Mommsen, seinerzeit Vorsitzender des Thyssen-Vorstands. 1970 verzichtete er auf alle Funktionen bei Thyssen, um unter dem späteren Bundeskanzler und damaligen Kriegsminister Schmidt (SPD) Staatssekretär im Bonner Kriegsministerium zu werden. Dort wurde er Beauftragter für Rüstung und Beschaffung, das heißt, er saß an entscheidender Stelle bei der Vergabe der anrollenden Waffenaufträge. Für den Steuerzahler war das ungeheuer "günstig", denn Momm"sen ließ sich für die Ausübung seines Amtes nur ein symbolisches Gehalt von 1 Mark auszahlen der Mann muß ein Philanthrop gewesen sein! Ende 1972 beendete er seine Tätigkeit in Bonn und kehrte in die Chefetagen der Rüstungsindustrie zurück, diesmal an die Spitze des Krupp-Konzerns. In einem Interview mit dem Spiegel hatte Mommsen 1970 als Staatssekretär erklärt: "Bei unseren ganzen Forschungs und Entwicklungsprojekten hat die Industrie aufgrund des Kostenerstattungsprinzips überhaupt kein Risiko. Alles wird bezahlt."

Nach alledem versteht man etwas besser, warum Kahrs kein Unrechtsbewußtsein hat. Er hat nämlich nach den Normen der Herrschenden kein Unrecht begangen. "Enge Kontakte von Politik und Wirtschaft" - nicht zuletzt Rüstungswirtschaft - gehören nun mal zum "Kernbereich unserer parlamentarischen Demokratie".

» zurück